Quer durch die Republik: Essen – Frankfurt (Oder) [ 22.08. – 30.08.2020 ]
Wegen der Corona-Lage hielten wir Auslandsreisen in diesem Jahr nicht für sonderlich empfehlenswert. Daher blieben wir auch bei unserer dritten längeren Radtour in 2020 »im Lande«, durchquerten dabei Nordrhein-Westfalen, den Süden Niedersachsens, das nördliche Sachsen-Anhalt und die Mitte Brandenburgs. Los fuhren wir in Essen, radelten durch das östliche Ruhrgebiet zur Lippe und querten in Hameln die Weser. Von dort ging's südlich an Hannover vorbei nach Braunschweig und Wolfsburg, durch die Altmark nach Stendal und weiter zur Havel nach Brandenburg und Potsdam. Durch die weiten Kiefernwälder im Südosten von Berlin erreichten wir schließlich den östlichsten Punkt unserer Tour, die Oderbrücke in Frankfurt an der polnischen Grenze.
Zunächst auf landschaftlich schöner Strecke von Essen-Werden bis Bochum, dann mitten durch das dicht besiedelte und verkehrsreiche Stadtgebiet von Dortmund fahren wir nordostwärts. Ab Unna wird es deutlich ruhiger, wir kommen auf die zum Radweg ausgebaute Trasse der ehemaligen »westfälischen Emschertalbahn«, der wir bis kurz vor Welver folgen. Von dort radeln wir zur Lippe und an dieser entlang bis Lippstadt.
Wir können noch ein Stück weit im Lippetal bleiben, dann wird es etwas hügeliger – über Lemgo, Hameln und Springe queren wir das Weserbergland und die Weser. Östlich davon ist die Gegend weit und flach, auf kleinen Landstraßen durch die Hildesheimer Börde erreichen wir Braunschweig. Wenn man von dort weiter Richtung Osten will, muss man sich hier entscheiden: durch den direkt in Ostrichtung liegenden riesigen Truppenübungsplatz Altmark führt keine Radroute, man muss ihn entweder nördlich oder südlich umfahren.
Wir hatten uns für die Nordvariante entschieden und fahren daher zunächst nach Wolfsburg, wo wir uns etwas mühsam durch ein Gewirr von Schnellstraßen und Autobahnabfahrten durchfinden (autogerechte Autobauerstadt!). Wesentlich verkehrsärmer wird es, nachdem wir bei Oebisfelde die ehemalige innerdeutsche Grenze gequert haben. Teils auf kleinen Landwirtschaftswegen, teils auf gut ausgebautem Radweg an der B188, teils auf schmalen Sträßchen entlang der Bahntrasse Hannover-Berlin durchradeln wir die weite und etwas eintönige Landschaft der Altmark im Norden Sachsen-Anhalts.
Eine willkommene Abwechslung auf unserem Weg bieten mit Gardelegen, Stendal und Tangermünde drei ehemalige Hansestädte. Die wir uns natürlich anschauen, denn zahlreiche imposante Bauwerke zeugen dort heute noch von dem damaligen Wohlstand dieser Städte. [Der Städtebund der Hanse war im Mittelalter nicht auf die hinlänglich bekannten Städte an der Küste beschränkt, sondern umfasste auch Städte an wichtigen Handelswegen im Binnenland, so insgesamt acht in der Altmark.]
Bei Tangermünde überqueren wir die Elbe, starker Regen und Seitenwind mit teilweise heftigen Böen machen die Fahrt über die wetterausgesetzte Brücke der B188 allerdings etwas mühsam. Nach der Brücke verlassen wir den Radweg an der Bundesstraße und fahren auf dem Elbedeich weiter. Dort passieren wir Fischbeck, das Dorf, das beim Elbehochwasser 2013 wohl am heftigsten überflutet wurde, da der Elbe-Deich direkt hier gebrochen war. Inzwischen ist der Deich wiederhergestellt, ein gut ausgebauter Radweg verläuft auf der Deichkrone. Auf dem bleiben wir bis Jerichow, wo wir uns das ehemalige Prämonstratenserkloster mit seiner riesigen backsteinromanischen Klosterkirche ansehen.
Ab Genthin radeln wir, meist auf dem geschotterten Kanalweg, am Elbe-Havel-Kanal entlang bis Brandenburg an der Havel. Im Stadtgebiet verzweigt sich die Havel in einige Kanäle und Seitenarme, so dass sich die Innenstadt auf mehrere Inseln verteilt. Auf einem Abendspaziergang schauen wir uns die Stadtteile Altstadt, Neustadt und Dom an, die mit ihren Bauwerken den mittelalterlichen Kern der Stadt bilden. Für den Weiterweg nach Potsdam nehmen wir den Havelradweg, der auf dieser Etappe bestens ausgebaut am Fluss entlang führt. Potsdam erreichen wir durch den Park Sanssouci, der durch seine Größe, seine Anlagen, seine Bauwerke jeden Betrachter erst mal »erschlägt«. Schloss Sanssouci, Orangerieschloss, Neues Palais und und und . . . Beeindruckt gehen wir ein Stück zu Fuß.
Von Potsdam aus fahren wir am Südrand von Berlin entlang und durchradeln dann die endlos scheinenden Kiefernwälder im Osten Brandenburgs. Unterwegs diverse Seen – Pätzer See, Tonsee, Streganzer See, Gutsee, Groß Schauener See, Storkower See, Scharmützelsee, Mülroser See, Helenensee –, dann sind wir an der Oder in Frankfurt. An unserem östlichsten Punkt, der Oderbrücke dort, gönnen wir uns noch einen kleinen Schlenker nach Słubice.
Da wir insgesamt recht zügig vorangekommen sind, haben wir am östlichen Ziel unserer Tour noch einen Tag Luft. So können wir für das erste Stück der Rückfahrt, nach Berlin, statt des eigentlich geplanten Regionalzugs nochmals das Fahrrad nehmen. Wieder durch die für die Gegend typischen weitläufigen Kiefernmonokulturen und an einigen Seen vorbei kommen wir nach Köpenick, statten dort dem Hauptmann noch einen Besuch ab und fahren weiter ins Zentrum der Hauptstadt.
Am Hautbahnhof überrascht uns ein erfreulicher neuer Service der Bundesbahn: Zwei Fahrradhelfer kümmern sich um die Fahrräder, helfen beim Einstieg und beim Einhängen in die Fahrradständer und sorgen vor allem auch dafür, dass der Fahrradeinstieg nicht – wie schon des öfteren erlebt – von ignoranten Reisenden mit schwergewichtigen Rollenkoffern oder unförmigen Rucksäcken blockiert wird. So kommt der IC, der uns vollends nach Hause bringt, relativ pünktlich in Fahrt.