Mit dem Rad durchs »Ländle« : Mannheim – Pforzheim – Konstanz – Ulm – Schwäbisch Hall [ 24.07. – 31.07.2021 ]
Den Anstoß zu dieser Radrunde durchs »Ländle«, wie die Eingeborenen ihr Bundesland Baden-Württemberg gerne nennen, gab uns ein Bericht über den Heidelberg-Schwarzwald-Bodensee-Radweg, eine vom ADFC ausgezeichnete Qualitätsradroute.
Teilweise diesem Routenvorschlag folgend fuhren wir von Mannheim über Pforzheim und Donaueschingen an den Bodensee nach Konstanz. Ab da dann auf eigener Route wieder nordwärts durch Oberschwaben über Bad Saulgau und Biberach nach Ulm und weiter – am Ostrand der Schäbischen Alb – über Heidenheim nach Schwäbisch Hall.
Als Startpunkt unserer Tour wählten wir Mannheim, da es per Bahn etwas günstiger zu erreichen ist als Heidelberg. So radeln wir zunächst durch die etwas tristen südlichen Industrievororte der Stadt. Nach dem obligatorischen Fotostop am Schwetzinger Schloss geht es auf guten Forstwegen durch angenehm schattige Auwälder in der Rheinebene weiter. Nach rechts und links immer wieder Wegweiser zu Ortschaften, die man aus unterschiedlichsten Zusammenhängen kennt – Speyer, Hockenheim, Leimen, Walldorf. In Bruchsal erwartet uns dann das nächste prunkvolle Schloss, das auch heute noch vom immensen Reichtum der barocken Fürstbischöfe zeugt. Sehenswert auch Bretten mit seinen historischen Häusern am mittelalterlichen Marktplatz. Von da aus machen wir einen Abstecher zum Kloster Maulbronn, das »als die am besten erhaltene mittelalterliche Klosteranlage nördlich der Alpen gilt« (Wikipedia), seit 1993 UNESCO-Welterbe. Wir nehmen uns ausgiebig Zeit für eine ausführliche Besichtigung des eindrucksvollen Ensembles aus Kloster, Kirche und den zugehörigen Gebäuden, bevor wir nach Pforzheim weiterfahren.
Von Pforzheim aus radeln wir auf gut ausgebautem Radweg am Fluss Nagold entlang bis zur gleichnamigen Stadt. Unterwegs passieren wir unter anderem die Burg Liebenzell, Hirsau und Calw. Auch in Hirsau ist ein ehemaliges Kloster zu besichtigen, im Gegensatz zu Maulbronn allerdings weitgehend zerfallen. An den noch verbliebenen Resten lässt sich dennoch sehr gut die ehemalige Größe der Anlage ermessen – Hirsau war zeitweise eines der größten und bedeutendsten Klöster Deutschlands. Ab Nagold bleiben wir noch für ein paar Kilometer im Tal der Steinach, dann geht es kurz und knackig bergauf, bevor wir es nach Horb ins Neckartal rollen lassen können. Auch hier ist der alte Stadtkern wieder eine Pause wert.
Wir folgen nun den Windungen des Neckars flussaufwärts, teils auf Forstwegen, teils auf kleinen Landstraßen. Vorbei an kleineren Ortschaften wie Sulz und Oberndorf kommen wir nach Rottweil, der ältesten Stadt Baden-Württembergs. Ihre Ursprünge gehen bis auf die Römerzeit zurück, gut erhalten und gepflegt sind zahlreiche mittelalterliche Bauten in der Innenstadt. Es lohnt sich, hier das Fahrrad zu parken und zu Fuß durchzuschlendern.
Von Rottweil aus ist es nicht mehr weit bis zur Neckarquelle in Schwenningen, von dort ist dann durch die leicht hügelige Landschaft der Baar auch rasch die Donauquelle am Donaueschinger Schloss erreicht. Leicht hügelig geht es weiter, ein kräftigerer Anstieg fordert uns vor Fürstenberg, in Tengen sind wir schließlich im Hegau angekommen. Nahe der Schweizer Grenze geht es an dessen malerischen Vulkanbergen vorbei, einen davon, den Hohentwiel, wollen wir besteigen, um dort die Ruinen der ehemaligen Festung zu besichtigen. Bis auf halbe Höhe führt eine Straße, ein Hinweisschild verspricht uns 18 % Steigung. Oben fragen wir uns allerdings, wo denn nun die 18 % gewesen sein sollen. Noch ein kurzer Anstieg zu Fuß, dann können wir die Ruinen der riesigen Gipfelburg auf uns wirken lassen (laut Wikipedia ist der Hohentwiel die größte Burgruine Deutschlands).
An der Radolfzeller Aach entlang radeln wir weiter zum Bodensee und an dessen Ufer nach Konstanz, dem südlichsten Punkt unserer Tour. Zwischendrin drehen wir noch eine Runde über die Insel Reichenau und schauen uns dort die drei frühmittelalterlichen Kirchen an. Durch ihre klimagünstige Lage war die Insel schon zur Römerzeit besiedelt, heute ist sie wichtiges Gemüse- und Obstanbaugebiet. Insel und Kloster Reichenau sind seit 2000 auf der UNESCO-Welterbeliste.
Von Konstanz aus machen wir eine Rundtour rund um den Überlinger See. Mit der Fähre nach Meersburg, das wir leider nur im Regen erleben, und dann nach Schloss Salem. Das ehemalige Zisterzienserkloster Salem kam im Mittelalter zu großem Reichtum, brannte Ende des 17. Jahrhunderts fast komplett ab und wurde danach im barocken Stil wieder aufgebaut. Lange Zeit im Privatbesitz des Hauses Baden wurde es vor gut 10 Jahren vom Land Baden-Württemberg aufgekauft und ist seither öffentlich zugänglich. Die prachtvolle Ausstattung der Räume belegt eindrucksvoll, wie reich die Abtei bis ins 18. Jahrhundert war. Die Armutsgebote des Ordens spielten offensichtlich keine große Rolle mehr. Auf dem »Prälatenweg« radeln wir von Salem zur Barockkirche von Birnau, erreichen dort wieder das Seeufer. Über Überlingen und den Bodanrück geht's dann in einem großen Bogen nach Konstanz zurück, wo wir noch einen trockenen Stadtbummel machen können.
Bei sonnigem Wetter bringt uns die Fähre am nächsten Tag wieder nach Meersburg, dort erwarten uns gleich kräftige Anstiege zur Oberstadt und weiter auf die ersten Hügel des Linzgaus, aber auch ein paar rasante Abfahrten. Ab Untersiggingen geht es dann im Deggenhauser Tal sanfter aufwärts, und wir gewinnen fast unmerklich an Höhe. Der Weiterweg bringt uns in stets leichtem Auf und Ab über Bad Saulgau nach Bad Buchau am Federsee. Der See liegt mitten im größten zusammenhängenden Moorgebiet Südwestdeutschlands, der Komplex aus See und Moor ist europäisches Vogelschutzgebiet. Der einzige Zugang ist ein Holzsteg, über den wir nach kilometerlanger Wanderung durch mannshohes Schilf zum offenen Wasser kommen. Wegen seiner geringen Wassertiefe ist der See ideal für Wasserpflanzen, unter anderem wachsen hier unzählige gelbe Teichrosen.
Über Biberach radeln wir zur Donau und an deren Ufer bis Ulm. Kurzes Fotoshooting für den höchsten Kirchturm der Welt, dann fahren wir weiter, am Ostrand der Schwäbischen Alb entlang nordwärts. Alb-typische Gravelwege mit feinem Kies begleiten uns durchs Lonetal, angenehme Asphaltsträßchen im Eselsburger Tal. Wir schauen uns den Brenztopf und den Kocherursprung an, beides Karstquellen, wie sie für die Schwäbische Alb typisch sind, bleiben zunächst im Kochertal und fahren schließlich durchs Bühlertal nach Sulzdorf, einem Stadtteil von Schwäbisch Hall. Dort ist am Abend noch Fußballspielen mit den Enkeln angesagt, bevor uns am nächsten Tag die Bahn wieder in den Norden bringt.